17. Leipziger Hörspielsommer im Richard-Wagner-Hain Leipzig

Review: 6. Berliner Hörspielfestival – Das Freie Hörspiel im O-Ton

146 Hörspiele, Features und Klangkunststücke wurden für die diesjährigen Wettbewerbe des 6. Berliner Hörspielfestivals eingereicht. Das Festival versteht sich als Plattform des „freien Hörspiels“ und zeigte auch in diesem Jahr an drei Tagen (24. bis 26. April) Hörstücke, die unabhängig von den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten produziert wurden. In diesem Sinne war auch der festivaleröffnende Lobgesang auf alle freien Hörspielschaffenden eine schöne Geste: mit den Stimmen des Publikums inszenierte Moderator Giuseppe Maio eine Klangcollage aus den Titeln aller eingereichten Stücke.

26 davon hatten es ins Programm geschafft: Lang- (bis 60′), Kurz- (bis 20′), Kürzesthörspiele (bis 5′) und in diesem Jahr zum ersten Mal: 60-sekündige Hörspiele. Wer allen lauschen wollte, musste schon ein wenig Sitzfleisch mitbringen für die Plastikschalensessel im Theaterdiscounter. Dem Auge wurden jedoch während des Hörens wunderbare Visualisierungen geboten: diese waren einerseits notwendig im weißkahlen Theaterraum, andererseits auch wirklich gut, da sie keine konkreten Bilder vorgaben und oft sogar den den Hörspielen eigenen Rhythmus unterstützten.
Die Verwendung von O-Tönen und die Collage waren in diesem Jahr ein viel gehörtes Gestaltungsmittel in den präsentierten Einreichungen. Eine sehr raffinierte, aufwendige und erheiternde O-Ton-Collage war das Eröffnungshörspiel „Das Ich als Ich“ von Elena Zieser und Maria Antonia Schmidt vom Experimentellen Radio der Bauhausuniversität Weimar. Auch das prämierte Langhörspiel „La vie en rose“ von Tom Heithoff spielte mit dem Original-Ton: wir hören einem Mann zu, der uns von seinem Überleben in Paris erzählt – eine „Type“, die so gar nicht in die selbstgewählte Umgebung zu passen scheint. Heithoff erzählt im Interview, dass er den Protagonisten des Hörspiels, Lorenz Eberle, gebeten habe seine eigene Rolle zu spielen. Realität und Fiktion verschwimmen. Aber auch ganz und gar Fiktionales war zu hören, so beispielsweise „Paul Browski und die Monotonie des Yeh yeh yeh“ von Christian Berner und Frank Schültge – eines der wortwörtlich ver-rücktesten Hörspiele des Festivals: ein gentrifzierungsgebeutelter Privatdetektiv auf undurchsichtiger Mission steckt plötzlich im Ostberlin der 60er Jahre fest. Ein schwer zu empfehlender Genuss mit Stefan Kaminski in allen Rollen, der hier noch nachgehört werden kann:
http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/tandem/swr2-tandem-paul-browski-und-die-monotonie-des-yeh-yeh-yeh-1-2/-/id=8986864/nid=8986864/did=14386658/731n4p/index.html

Visuals zum Festival:

Nordlichter

Josef Maria Schäfers: Visual zu “Nordlichter – Ein Hörspiel in Mono(tonie)” von Christina Baron.

Wilbrandt_Ode-to-Salvia-D

Josef Maria Schäfers: Visual zu “Ode to Salvia D.” von René Wilbrandt.
Das von freien Hörspielmachern gegründete Festival zeigte wieder einmal die angenehme Heterogenität des „freien Hörspiels“ und seiner Produzentinnen. Unter den Einreichenden waren viele auch beim Leipziger Hörspielsommer bekannte Namen, wie Tom Heithoff, der den Preis für das beste Langhörspiel gewann; Felix Kubin, der mit seinem Hörspiel „Frau Ausweis“ vom Publikum den Preis für das beste Kurzhörspiel zugesprochen bekam, das Schweizer Duo Christian Müller und Regina Dürig, der Autor Sebastian Hocke oder die Studierenden des Studiengangs Experimentelles Radio der Bauhausuniversität Weimar. Neben diese Künstler, die kontinuierlich frei produzieren, gesellten sich aber auch Macherinnen, die das erste und vielleicht auch einzige Mal das Hörspiel als Ausdrucksform nutzten, wie beispielsweise die Autorin Caroline Burgwald, deren Kurzhörspiel „Hinfallen, Aufstehen“ gekonnt die Möglichkeit der Stimmbesetzung im Hörspiel einsetzt. So konnte das Publikum ein abwechslungsreichem Programm beiwohnen. Zum Stöbern nach dem Festival lädt die Datenbank des Festivals ein, in der alle eingereichten Hörspiele verzeichnet und zum Teil nachhörbar sind:
http://berliner-hoerspielfestival.de/bhsfwp/bhsfwa/

http://berliner-hoerspielfestival.de/

Tina Klatte